Wartezimmerlektüre für Vielleser

RomantherapieDie Romantherapie, Ella Berthoud & Susan Elderkin mit Traudl Bünger
insel taschenbuch, 2014

253 Bücher für ein besseres Leben verspricht der Untertitel dieses Buches und damit gemeint ist: garantiert eine Buchempfehlung für jede Lebenslage. Die beiden „Bibliotherapeutinnen“ Ella Berthoud und Susan Elderkin geben schon seit Jahren in Kursen Buchtipps, die das Leben leichter machen sollen und hatten nach der Praxiserfahrung die Idee zu diesem lustigen Buchprojekt.

Doch klappt das denn auch? Will eine Ehebrecherin tatsächlich Madame Bovary lesen und ein Hungerleidender Hunger von Knut Hamsun? Womöglich nicht. Was bei Berthoud und Elderkin neben dem Buchtipp zählt, ist die damit einhergehende Analyse und der Ratschlag. So leuchtet vielleicht nicht auf den ersten Blick ein, warum die Lektüre von Mrs. Dalloway gegen das typische „Montagmorgen-Gefühl“ helfen soll … bis die Autorinnen die erste Seite des Romans von Virginia Woolf beschreiben und man sich wieder erinnert wie viel Lebensbejahung und Tatendrang darin steckt. Und ja, mit einem Mal kann man sich gut vorstellen, dass die Lektüre schon allein dieser Seite ansteckend wirkt.

Abgesehen davon macht die Lektüre der Romantherapie natürlich nicht nur dem „echten“ Patienten eine Freude (es sei denn man wollte alle Buchsüchtigen als solche bezeichnen), sondern auch dem Vielleser. Es ist schlichtweg eine Freude, sich von einem Tipp zum nächsten zu hangeln. Dabei werden ganz beiläufig auch noch verschiedene „Leseleiden“ kuriert (Wie um Himmels willen geht man mit einem nichtlesenden Partner um?) und Listen von den „zehn besten Romanen“ aufgestellt (z. B.: Die zehn besten Romane, um den Blutdruck zu senken).
Romantherapie-Detail
Insofern fühlt sich die Lektüre des Buches tatsächlich wie ein Arztbesuch an, allerdings wie der spaßige Teil dessen: nämlich das Zeitschriften-Lesen im Wartezimmer. Die Romantherapie ist ein fröhliches Blätter- und Stöberbuch für alle Buchnerds und aufgrund der vielen Querverweise kann es passieren, dass die eigene Ausgabe schon nach wenigen Minuten wild zerfleddert endet.

Deswegen raten wir auch vorerst zur unlängst erschienenen Taschenbuch-Ausgabe, der man das ungepflegte Äußere nachsehen wird (es bleibt der geprägte Titel auf dem Einband, der wirklich schön ist). Wer das Buch allerdings an buchaffine Freunde verschenken will, sollte vielleicht zur aufwendigeren Hardcover-Ausgabe greifen.

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